Der Mühlbach

Vom Wirtschaftsgraben zum Lebensraum


Der Mühlbach entspringt nordöstlich der Stadt, ist rund fünf Kilometer lang und mündet gemeinsam mit dem Gänsbach in den Merkenfritzerbach. Entlang seines Laufs entstanden Mühlen, darunter eine Papiermühle und die Herrnmühle. Viehhaltung, Fischerei und Brauwesen nutzten das Wasser. Ein besonderes Zeugnis dieser Zeit ist das Fischhaus in der Ober-Seemer Straße, ein Bau aus dem 17. Jahrhundert, unter dem der Bach hindurchfließt. Dort wurden einst Karpfen aus dem Gederner See „gewässert“, um den Schlammgeschmack zu verlieren. Der Mühlbach war damit Teil der wasserwirtschaftlichen Infrastruktur der Residenz – ein Nutzgewässer im besten Sinne, das versteckt und auf direktem Weg den Unteren Schlosspark passierte. Im Bereich der ehemaligen Tennisplätze floss er in einer offenen Betonröhre – das war technisch und zweckmäßig. 

Der Schlosspark erhält im Rahmen der Landesgartenschau ein neues Gesicht (siehe InfoKasten). Nun darf sich das kleine Gewässer wieder mehr entfalten und mäandert über die Fläche. Damit bietet es Tieren und Pflanzen neuen Lebensraum, den Besuchern des Parks ein lauschiges Plätzchen und gleichzeitig ein Stück weit Retentionsfläche. Die alte Betonröhre bleibt erhalten, ihr Zulauf ist jedoch durch eine Steinaufschüttung verschlossen. Bei starkem Hochwasser kann diese überspült werden und übernimmt weiterhin eine Schutzfunktion. 

Die Firma Dillmann Garten- und Landschaftsbau aus Nidderau setzte die Pläne um. Auf starre Uferbefestigungen wurde weitgehend verzichtet, lediglich in zwei stärkeren Kurven sorgen 216.12.2025 atum 21.08.2025 PRESSE MITTEILUNG bauliche Elemente für Stabilität. Der Pflegeaufwand für die Stadt soll dabei möglichst gering bleiben – ein wichtiger Aspekt angesichts knapper kommunaler Ressourcen. 

Der Gewinn ist offensichtlich: Der Mühlbach ist wieder erlebbar. Der alte Baumbestand sorgt für natürliche Beschattung und Kühlung. Planer Gottfried Lehr zeigt sich zuversichtlich, dass sich hier wieder Fische ansiedeln und Forellen geeignete Laichplätze finden. Gleichzeitig entsteht ein Lebensraum für Insekten, Amphibien und Pflanzen. Für Besucher bietet sich ein neues Bild: Statt eines technischen Grabens plätschert nun ein kleiner Mittelgebirgsbach durch den Park. Flache Ufer laden dazu ein, näher ans Wasser zu treten. An warmen Tagen können sich Spaziergänger die Füße kühlen, Kinder werden das flache Wasser zum Spielen entdecken. In unmittelbarer Nähe des künftigen Küchengartens, der nach der Landesgartenschau als Schulgarten genutzt werden soll, wird der Mühlbach so Teil eines zusammenhängenden Freiraums. 

Thomas Hellingrath bringt es auf den Punkt: „Der Mühlbach ist ein Stück Gederner Geschichte. Sein Wasser rauscht jetzt nicht mehr versteckt vorbei, sondern lässt die Bürger wieder teilhaben. Es ist eine Einladung, an diesem neuen schönen Platz zu verweilen.“


Info:
Der Schlosspark Gedern wurde Mitte des 18. Jahrhunderts als englischer Landschaftsgarten angelegt. Dieser wertvolle Bestand wird mit einer modernen, klimagerechten Bepflanzung angereichert. Hier finden Gäste und Bürger während der Landesgartenschau 2027 Anregungen im Garten des Landes Hessen. Dauerhaft werden ein Küchen- beziehungsweise Schulgarten, Klimagarten, Obsthain, Geophytenrondell, Wildnisrondell sowie ein Pikopark, also ein Modell für Grün auf kleinsten Flächen im urbanen Raum, angelegt. Die Parkpromenade im oberen Schlosspark lädt zum Lustwandeln ein. Die Wege werden neu und größtenteils barrierefrei angelegt. Selbst die Wegelaternen und Parkbänke zeigen, wie hier das historisch Gewachsene mit dem Modernen verbunden wurde. Die Kinder und Jugendlichen finden auf dem neuen Fachwerkspielplatz Platz zum Toben. Wer mag, hat die Gelegenheit zum Boulen. Zur Landesgartenschau findet auch die Bildungsreihe „Das Bunte Klassenzimmer“ ihren Raum.